Mittwoch, April 30, 2008

Buch: "An einem Tag wie diesem"

Ha, Premiere! Ein Veriss! Wie ich mich drauf freue, mal einen zu schreiben! Bisher hatte ich immer Glück gehabt bei der Auswahl meiner Bücher, aber dieses Mal habe ich echt daneben gegriffen. Oder mich falsch beraten lassen. Oder vom Aufkleber "Spiegel-Bestseller" blenden lassen. Dabei hätte die Geschichte so spannend werden können.
Aber schon auf den ersten 47 Seiten habe ich gewusst, dass das nichts wird. Ich
wollte eigentlich schon gar nicht mehr weiterlesen. Das kann ich aber genauso
wenig wie aufhören, einen schlechten Film zu sehen. Außerdem wollte ich auch
diesen Verriss schreiben und hab mich schon richtig darauf gefreut. Immer wieder sind mir schöne Kommentare zu diesem schlechten Buch eingefallen. Ich habe mich beim Lesen des Buches öfters dabei ertappt, dass ich auf einmal die Wörter in den Sätzen gezählt habe, weil die so minimalistisch ausfielen. Serien von 6,8,6,12,9 Wörtern pro Satz sind da keine Seltenheit. Eben musste ich innerlich jauchzen, weil ich einen neuen Rekord mit einer Kombination von 5-5-5-5 entdeckt habe (S.162, "Am nächsten Morgen fiel Dauerregen. Andreas war vor Delphine erwacht. Er beobachtete sie eine Weile. Er schon ihr Nachthemd hoch.) Das anschließende
Liebesspiel wird kurioserweise auch in 5 Sätzen abgehakt, was auch ein Rekord - diesmal nach oben - darstellt, das ging sogar noch kürzer. An sich ist es ja noch kein Qualitätsmerkmal, wie viele Wörter im Satz verwendet werden, nur auf Dauer sind solche Sparsätze extrem ermüdend. Ich habe mich dann gefragt, ob der Autor vielleicht Schwabe ist, weil er sogar an Wörtern spart. Dann musste ich über meinen eigenen Witz gedanklich lachen. Aber das ist noch nicht alles. Satzkonstruktionen, die uns auf dem Gymnasium unter Androhung höchster Strafen und schlechter Noten verboten worden sind, werden hier in dem Buch massenweise verwendet. Dabei handelt es sich z. B. um den Satzanfang: "Kaum in Paris angekommen,..."(S.30). Das muss ich jetzt aber nicht erklären, ne? Aber der Gipfel, also der absolute Gipfel der Wiederholung und der kurzen Sätze - ja, es gab noch eine Steigerung auf 3 Worte/Satz - war folgender, brillant
geschilderter Aufenthalt in einem Wirtshaus, eingeleitet durch einer der vielen 5-er Sätze: "Das Lokal war fast leer." Und dann folgt der Hammer:"Die Wirtin kam."(S.165). Ohne Einleitungssatz durchaus missverständlich in dieser Minimalität. Wieder kann ich den geneigten Leser beruhigen, es kommt noch besser. Eine Seite später. 8 Sätze später, um genau zu sein:"Die Wirtin kam." --- ohne Worte --- Das war gerade eben der Augenblick, in dem ich den Laptop wild aus der Tasche gerissen habe und angefangen habe, kräftig in die Tasten zu hauen. Ein Wort will ich schon die ganze Zeit in diesem Post unterbringen: belanglos. Das Buch ist völlig belanglos, die Charaktere farblos, die Geschichte ist völlig banal und plätschert die ganze Zeit so vor sich hin und es passiert nichts, außer dass die Hauptfigur öfters mit diversen Frauen schläft und das
ärgerlicherweise in maximal 5 Sätzen. Ansonsten hätte man das Buch vielleicht noch unter erotische Literatur ganz hinten ins Regal stellen können. Es geht noch weiter mit den Zahlenspielereien: 3er Kombination. Dann hat die Hauptfigur wieder Sex. Logisch, dass nun Sätze mit 6 Wörtern pro Satz den Akt beschreiben. Beispiele (S.174): "Sie liebten sich auf der Aussichtsplattform. Die Bretter waren feucht und kalt. Fabienne hatte Schuhe und Hose ausgezogen. [...] Sie wirkte sehr nackt und verletzlich." Diesmal auch 6 Sätze für den Liebesakt. Man steigert sich ja zum Schluss/Höhepunkt hin. So, fertig gelesen. Die letzten 20 Seiten waren zwar etwas interessanter zu lesen im Vergleich zu den anderen 180, aber es ist trotzdem sinnlos das Buch zu lesen. Spröde. Eigentlich befasst sich der Autor mit dem gleichen Thema wie Süßkind: Liebe und Tod. Es ist trotzdem kein Vergleich möglich. Unfassbar, dass das Buch auf die Spiegel-Bestsellerliste gekommen ist. Wer noch ein Buch zum Einschlafen braucht, ist damit gut bedient - auch Zahlenfreaks und Mathematiker werden das Buch gut finden, lassen sich damit alle möglichen Zahlenspielchen und Zahlenreihen aufstellen. Als Anregung zum Schluss: Wie oft muss man das Wort "sagte" in dem Buch lesen? Nein, es gibt kein anderes Verb für den Ausdruck von Sprache. Wozu auch?

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